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rung des Streifcorps hatte die Einwohner von St. Pol zwar unsanft aus dem Schlafe geweckt, aber die strenge Mannszucht, die Oberst von Geismar stets aufrecht zu halten verstand, hatte jene auch wieder zutraulich gemacht, so daß sich die Straßen bald mit Neugierigen aus allen Volksschichten füllten, um die nächtlichen Gäste und ihr kriegerisches Treiben in der Nähe zu beobachten, indem sich diesen zugleich willig die Kaffeehäuser, so wie die Kaufläden öffneten, um ihre Bedürfnisse nach Belieben, für die Kosacken aber nach den für ste bestehenden kriegerischen Licenzen zum Theil sogar unentgeldlich befriedigen zu können. *)

Am 20. Februar, nachdem durch eine entsendete Abtheilung der Telegraph zu Morbeck zerstört worden war, richtete Oberst von Geismar seinen Marsch auf Doulens, einer Stadt auf halbem Wege von St. Pol nach Amiens, mit alten verfallenen Festungswerken, aber einer Citadelle auf einer nahen Anhöhe, die selbst wohl seit längerer Zeit nicht mehr zu den haltbaren Punkten gezählt und deshalb von den Franzosen la belle inutile (die schöne Unnüße) genannt wurde.

Man kam der Besazung, die sich wahrscheinlich in der Regel

*) Bei den höchst anstrengenden Dienstansprüchen an die Gesammtheit eines solchen Streifcorps, bei der Kürze der Zeit, die sein Erscheinen und sein Verschwinden mit Blißesschnelle bedingt und die weder eine regelmäßige Verpflegung aus Magazinen, noch Einlegung der Mannschaft in Quartiere gestattet, vielmehr durch den Drang der Nothwendigkeit gebietet, die Lebensbedürfnisse da zu nehmen, wo sie sich finden, war es insbesondere bei einer so originellen nationalen Truppe, wie die der Kosacken, nicht zu vermeiden, daß fie in der Versuchung auch nach andern Dingen griffen, als die, welche zu den sog. Lebensmitteln gerechnet werden. So gestaltete sich auch hier in St. Pol durch diese Naturkinder eine Episode ziemlich komischer Art. Bei dem Suchen nach nothwendigen Bedürfnissen hatten sie unter Anderem einen Vorrath von Gesichtsmasken entdeckt, der Beifall fand und nach kurzer Zeit gänzlich vergriffen war; am andern Morgen beim Aufbruch von St. Pol aber sah man das ganze Kosackencorps abziehen, maskirt wie zum Fastnachtsspuk, eine höchst drollige Erscheinung, die sogar auf die überraschten Bewohner dieses Städtchens ihren aufheiternden Eindruck zu machen nicht verfehlte.

zum Theil in der Stadt aufzuhalten pflegte und keinen Feind in so großer Nähe vermuthete, so unerwartet, daß 30 Mann nebst mehreren beladenen Wagen noch hier überrascht und abgefangen wurden, bevor sie sich in die Citadelle in Sicherheit bringen konnten.

Einer Patrouille, die zur Verfolgung auf der Straße gegen Arras vorgegangen war, gelang es, 12 geflüchtete, mit Munition und Geld beladene Wagen einzuholen, die Bedeckung derselben theils zu versprengen, theils gefangen zu nehmen und zum Corps zu bringen.

Einem kühnen Parteigånger soll selbst das Unwahrscheinliche zu erreichen nicht unmöglich sein; so war es hier; was tausend vorsichtige Strategen nach sorgfältiger Erwägung von Zeit, Raum und Kraft unterlassen haben würden, wollte Oberst von Geismar mit einem nur aus leichter Kavallerie bestehenden Detachement wagen. Die Citadelle wurde daher sofort eingeschlossen und mit dem möglichst zur Schau getragenen Eifer alle Anstalten zu einem ernsten Angriff getroffen.

Doulens liegt inmitten von vier nicht unbedeutenden und nach den damaligen Verhältnissen wohl besezten französischen Festungen Arras, Amiens, Abbeville und Hesdin, die sämmtlich nicht über 3 bis 4 deutsche Meilen entfernt waren, folglich jedem ernsten Unternehmen auf diese Citadelle wenn es nicht in der fürzesten Zeit entschieden werden konnte - unfehlbar durch Erdrückung den Garaus machen mußten. Um so mehr muß es unglaublich erscheinen, daß ein solches Streifcorps bei diesen drohenden Nachbarschaften es wagen konnte, seine Demonstrationen gegen diese Citadelle während vier voller Tage fortzusehen, sie endlich durch den glänzendsten Erfolg zu krönen, und dabei die wiederholten Angriffe glücklich zurückzuweisen, die jeden Tag und aus allen Richtungen gegen dasselbe heranzogen. Doch eben dieselbe charakteristische Eigenthümlichkeit, die eine leichte Reitertruppe furchtbar macht, würde ihr auch hier im schlimmsten Falle aus der Verlegenheit

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geholfen haben, nämlich ihre große Beweglichkeit, mit der sie jeder Gefahr sich zu entziehen vermochte, wenn sie ihr ernstlich Verderben drohete, und diese Gefahren wurden noch überdies durch die Kriegführung im Lande eines Feindes gesteigert, bei dem auch das Volk für einen allgemeinen Aufstand leicht zu enthusiasmiren und stets geneigt war, zu den Waffen zu greifen.

Auf den Beistand durch Truppenabtheilungen vom Armeecorps des General von Bülow konnte hierbei auch nicht gerechnet werden, denn das Streifcorps war auf seinem Zuge bis hierher bereits gänzlich aus aller Verbindung mit jenem gekommen, und man wußte nicht einmal, wo es in diesem Augenblicke stand.

Ob es überhaupt geheime strategische Motive gab, die den Oberst von Geismar zur beharrlichen Verfolgung eines vor der Hand noch so unsichern Zieles vermochten, und in was diese Motive bestanden haben könnten, ist nicht ganz klar, denn eine an sich eben so werthlose als späterhin auf die Dauer unmöglich zu behauptende Eroberung als diese, war allein wohl kaum im Stande, ihn zu dem Wagniß zu vermögen, die Eristenz seines ganzen Corps auf's Spiel zu seßen. Hätte man in diesen Tagen Nachrichten vom Corps des General von Bülow gehabt, so ließ sich vielleicht der Vermuthung Raum geben, daß dem Obersten von Geismar geheime Instruktionen zugegangen sein könnten, die Aufmerksamkeit des Feindes gerade auf diesem Punkte aus allen Richtungen her auf sich zu ziehen, eine Konjektur, die aber unter den bestehenden Verhältnissen durch nichts unterstüßt wurde.

Der Kommandant der Citadelle war schon am 19. Februar Abends zur Uebergabe aufgefordert worden, die er aber ablehnte.

Der 20. Februar wurde zur Herbeischaffung von Faschinen, Sturmleitern und Requisiten aller nur möglichen andern Art verwendet, wie sie nur irgend zu Gebot standen. Diese drohenden Maßregeln stimmten den Kommandanten der Citadelle bis zum

Abend schon um vieles geneigter, und er erklärte sich bereit, auf eine Uebereinkunft einzugehen.

Am 21. Februar früh erlitten jedoch die bereits angeknüpften Unterhandlungen eine unerwartete Störung.

Eine sächsische Patrouille von 40 Pferden, die auf der Straße gegen Arras vorgegangen war, stieß zwei Stunden von Doulens auf eine feindliche Abtheilung von 450 Mann Linieninfanterie, 500 Mann Nationaltruppen*) und 1 Schwadron Husaren.

Der Offizier, der die Patrouille führte, zog sich um etwas zurück, und nahm eine verdeckte Aufstellung hinter einem kleinen Gehölz, ließ aber eiligst seine Meldung über die gemachte Entdeckung an den Oberst von Geismar abgehen.

Dieser ließ die Uhlanenschwadron zur Unterhaltung der Blofade vor der Citadelle stehen und traf bald nachher mit dem Kofackenregiment auf dem Plaße ein.

Der Feind, der inzwischen seinen Marsch fortgesezt hatte, machte halt, so wie er die Ankunft der Kosacken bemerkte, wahrscheinlich um über seine weitern Operationen Rath zu pflegen.

Bald darauf sezte er seine Kolonne unter klingendem Spiel abermals in Bewegung, und verließ, sich rechts ziehend, bei dem Dorfe Mondicourt die große Straße, um in einer Ebene zwischen diesem Orte und einem parallel mit der Straße sich hinziehenden Waldrande Aufstellung zu nehmen, Mondicourt in seiner linken Flanke behaltend, aber selbst unbesezt lassend, denn aus dieser Bewegung ging hervor, daß er, die Rollen vertauschend, mit Infan

*) Das, was wir unter dem allgemeinen Namen „Nationaltruppen“ bezeichnen, war im Gegensaß zur regulairen Infanterie in der Regel aus sehr gemischten Bestandtheilen zusammengesezt, als z. B. Nationalgarden der Städte und vom Lande, Douaniers (Grenzzollwächter), die man jezt fast überall in allen Festungen zum Garnisondienst vereinigt hatte, endlich sogenannte gardes champêtres, eine Art städtische oder ländliche Polizeisoldaten, die man bei uns mit dem Namen „Flurschüßen“ bezeichnen würde, und die in der Regel, so wie die Douaniers, vormals gediente Soldaten waren.

terie angriffsweise gegen leichte, größtentheils irregulaire Kavallerie verfahren wollte, und deshalb jeden Stüzpunkt für sich selbst verschmähete, denn auch den Waldrand in seiner rechten Flanke ließ er unbesezt.

Das Kosackenregiment in ungeordneten Haufen und hinter ihm die Abtheilung sächsischer Kavallerie, leßtere verstärkt durch den zufälligen Anschluß einer abgelösten Husarenfeldwache, waren inzwischen ruhig halten geblieben, theils, um sich nicht zu weit von Doulens zu entfernen, zum Theil auch, weil hier das Feld für Kavallerie am günstigsten war, und erwarteten so stehenden Fußes den Angriff.

Mit der bei den Franzosen eingewurzelten Geringschäzung der Kosacken, die man durch einige Flintenschüsse leicht verjagen könne, und jedenfalls auch aus Mangel an richtiger taktischer Erkenntniß, änderte der feindliche Befehlshaber nichts an seinen einmal getroffenen Dispositionen und rückte in einer Linie mit großen Zwischenräumen im Sturmschritt tolldreift vor, seine eigene Kavallerie auf beiden Flügeln habend.

In tiefer Stille und erwartungsvoll waren die Augen der Kosacken und der ganzen Reiterschaar auf ihren Führer gerichtet, der regungslos und mit unverwandtem Blicke den Feind beobachtete.

Kaum ertönte auf deffen Seite das Kommandowort zum Halt und zum Beginn des Feuers, so stürzten auf einen durch Säbelschwingen begleiteten Wink des Oberst von Geismar die Kosacken auf die in Front stehende Infanterie des Feindes los, und die im Anschlag liegenden Pelotons vermeidend, durch ihre Zwischenräume hindurch, um sie in allen Flanken und im Rücken durch Pikenstöße anzugreifen, ihre berittenen Offiziere von den Pferden stechend und Unordnung und Verwirrung nach allen Seiten hin verbreitend, so daß die feindliche Infanterie selbst nicht mehr wußte, wohin fie aus Vorsicht und Schonung ihrer selbst ihr Feuer gegen die von

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