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ihrer Anwesenheit ausgesöhnt habe, warfen sie die Maske ab, etablirten offen ein Collegium in Moskau und machten wieder zahlreiche Proselyten. Aus Rücksicht auf den Wiener Hof sah die Regierung diesem Unterfangen geduldig zu, als es aber mit Desterreich zu Dissidien kam, ließ Peter der Große im Jahre 1719 die Jesuiten abermals ausweisen. So hatten sich die Jesuiten im Laufe von 30 Jahren zweimal in Rußland niedergelassen und waren zweimal vertrieben worden. Da Peter der Große der katholischen Religion freie Ausübung zugestanden hatte, so traten an die Stelle der Jesuiten Franziskaner und Dominikaner. Durch die Annexion von Weißrußland im Jahre 1772 kamen die Jesuiten wieder unter die russische Herrschaft, wurden aber von Katharina II. nicht nur geduldet, sondern auch noch nach der Aufhebung ihres Ordens fortbehalten und begünstigt, troßdem sie die Unirten in der Verbindung mit Rom befestigten und wieder viele Bekehrungen machten. Weißrußland blieb auch ihr Siß und ihre Hauptniederlassung, hier hatten sie ein Noviziat mit 70 Eleven, eine schöne Bibliothek und reiche wissenschaftliche Hülfsmittel; auch ansehnliche Güter mit 13,500 Bauern. Besonders unter Kaiser Paul und unter dem Kultusminister Galizin blühten sie in Rußland auf, die katholische Kirche in Petersburg wurde ihnen übergeben, sie eröffneten eine Schule und ein Seminar daselbst, machten großen Eindruck, vermehrten mit Autorisation des Kaisers ihre Niederlassungen und bemächtigten sich schließlich der Geschicke der katholischen Kirche in Rußland, indem sie eine ihrer Kreaturen zum Metropoliten beförderten. Sie flehten die Intervention des Kaisers an, auf daß ihre Wiederherstellung auch in anderen Ländern geschehen möge, z. B. in Spanien, und Paul nahm sie in der That nicht nur in seinem Reich sondern auch auswärts in Schuß, in der Türkei sowohl wie bei Pius VII., bei dem er es betrieb daß durch ein Breve vom 7. März 1801 ihnen wieder gestattet wurde, sich als Gesellschaft Jesu in Rußland zu vereinigen und Schulen zu halten. Der russischen Regierung ist es zu verdanken,

daß die Zahl der Mitglieder des Ordens bei seiner Restitution durch den heiligen Stuhl beinahe ebenso groß war, wie vor seiner Aufhebung. Unter Alexander waren die Jesuiten durch ganz Rußland, bis nach Sibirien und in den Caucasus verbreitet und ihre Propaganda fing die russische Kirche immer mehr zu ängstigen an, da namentlich viele Personen von hohem Stande durch sie der römischen Kirche gewonnen wurden.

Alexander, welcher den Orden nicht liebte, aber ihn doch duldete, wollte seiner Ausbreitung und seinen Bekehrungen eine Schranke gezogen wissen. Als ihm daher die Jesuiten ihre politischen Dienste für die Beziehungen zu China, wo in Peking ihre Mitglieder residirten, unter der Bedingung anboten, daß ihnen gestattet werde, bei den Heiden und Muhamedanern in den russischen Provinzen die Mission zu eröffnen, schlug er es ab. Und schließlich entschied die Furcht vor ihren Bekehrungskünsten über ihr Schicksal in Rußland; sie wurden im Jahre 1815 aus Petersburg und Moskau und im Jahre 1820 aus ganz Rußland verbannt.*)

Es ist keine übertriebene Behauptung, daß die Gesellschaft Jesu vielleicht länger als zwei Jahrhunderte hindurch die Geschicke der Welt zu lenken versucht hat und vielfach auch wirklich gelenkt hat. Kein Orden der katholischen Kirche hat jemals einen so weitreichenden Einfluß auf das gesammte öffentliche Leben ausgeübt. Wenn daher bei politischen Stürmen andere Orden verschont blieben, so richtete sich die Erbitterung des Volks häufig gegen die Jesuiten, weil man in ihnen die Stüßen einer bestehenden Mißregierung suchen zu dürfen glaubte. Für die Wiederaufrichtung der Theokratie des Mittelalters, für die Herstellung einer katholischen Weltmonarchie, als dem starken und stets gefügigen Arm der Befehle des römischen Oberpriesters, hat die Gesellschaft Jesu ihre ganze Kraft eingefeßt in dieser Absicht

*) Vergleiche Tolstoy im angef. Werke, Paris 1864, II, 16 ff. passim.

hat sie nach einander die Politik Philipps II., Ferdinands II. und Ludwigs XIV. beeinflußt, unterstüßt und gefördert. Keine Anstrengung und kein Opfer war ihr um dieses Zieles willen zu groß, auch die Wahrheit, die Moral und das Recht wurden auf dem Altar dieses Gößen hingegeben. Das Evangelium eines innerlichen Reiches der Freiheit und der Liebe, wie es Christus verkündigte, verwandelte sich unter den Missionären aus der Gesellschaft Jesu in die Predigt der Weltherrschaft des Papstthums, eines äußerlichen Reiches der geistigen Knechtung und des unduldsamen und gewaltthätigen Hasses. Nur durch physische Gewalt und durch die Tödtung des geistigen Lebens der Völker mag ein solches Reich aufgebaut und eine Zeit lang erhalten werden; da aber der Geist sich wohl in seiner Entwicklung hemmen, aber nicht tödten läßt, so konnten die scheinbar glänzenden Erfolge der Jesuiten nicht von Dauer sein. Das papistisch-jesuitische Project hätte eigentlich nur auf den Leichen der Völker triumphiren können, dann erst, wenn diese auch physisch gestorben und mit ihrem physischen Untergang ihre Seelen entflohen waren.

Druck von G. Bernstein in Berlin.

Die

Entwicklung und die Krisis

der deutschen Weberei

im 19. Dahrhundert.

Von

Fiviedrick)

Prof. Dr. Gustav Schmoller.
(Straßburg.)

Vortrag gehalten im Zweigverein des deutschen Gewerbemuseums in Magdeburg.

Berlin 1873.

C. G. Lüderiz'sche Verlagsbuchhandlung.

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