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grund viel zu viel umfasse. Wer in jeder Gefühlserregung schon etwas dem Rausche verwandtes erblickt, in dessen Augen berauschen sich die Menschen immerfort, und nicht nur mit Kunst, sondern womit es auch sei: mit allem was einen eifrig macht. Das Rauschverlangen wäre demnach nicht nur in der Kunst zu spüren, und wäre entsprechend nichtssagend als Erklärungsprinzip des Kunsttriebes. Dieser Einwand übersieht aber den Kernpunkt der Frage: weshalb die Kunst zum Selbstzweck geworden ist. Alles andere, das die Gefühle erregt, ist zugleich vom praktischen Lebenswert, das Berauschende dabei ist ein Nebeneffekt. In der Kunst ist der Rausch aber Hauptzweck. Was Dichter und Künstler praktisch erfassten und Byron unsterblich ausgesprochen hat: The best of life is but intoxication>> das bestätigt für die Kunst die serologische Psychologie. Nur die Kunst teilt mit exogenen Räuschen die Schmach (vom Standpunkt des nüchternen Nutzens aus) ein weltfremder und passiver Selbstgenuss zu sein. Als Kennzeichen des Aesthetischen wurde von jeher angegeben, dass dabei jedes andere Streben wegfalle als eben das nach dem Schönen. Allein des wonnigen Geniessens wegen begehrt man also die Kunst wie den Rausch. Und somit erklärt sich zur Genüge, wie die Kunst zu Ehren gekommen ist, den Anforderungen des Nutzens zum Trotz, öfters zumal als Protest gegen die Not des Daseins: nämlich wie es gerade die Rauschmittel angestrebt werden.

ROLF LAGERBORG
Università di Helsingfors (Finlandia)

Gestaltpsychologie und Aesthetik.

Im Jahre 1890 hat Christian Freiherr von Ehrenfels seine bahnbrechende Abhandlung " Ueber Gestaltqualitäten " (1) veröffentlicht, in welcher er feststellte, dass es ein Erleben von " Gestalten " gebe, die nicht als blosse Zusammenfassung von Elementen, sondern als etwas (den Elementen gegenüber, auf denen sie beruhen) Neues und bis zu

(1) Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Philosophie XIV. Neuerdings wieder abgedruckt in der Schrift « Das Primzahlengesetz », Leipzig 1922. Vgl. S. 8.

gewissem Grade Selbstständiges " zu betrachten seien. Diesen Begriff des Gestalt Erfassens, den übrigens schon Ernst Mach (1) in gelegentlichen Andeutungen für Raumgestalt und Tongestalt (Melodie) angenommen hatte, vertiefte Ehrenfels nicht nur durch seine logischen und descriptivpsychologischen Analysen, sondern erweiterte ihn auch schlechthin auf alles Gegebene überhaupt: Farbengestalten (Farbenharmonien), Klangfarbe, unmusikalische Schallgestalten, Gesamteindrücke der Tast-, Temperatur-, Geschmacks-, Geruchsempfindungen, Gesamteindrücke aus mehreren Sinnesgebieten zusammen (z. B. Empfindung des Nassen, Speisegeschmack u. s. w.), Zeitgestalten bei allen Sinnen, Bewegungsgestalten des Gesichtssinnes, des Tastsinnes u. s. w. Aber nicht nur das gesamte Gebiet der äusseren Erfahrung, auch das Universum im Innern hat Ehrenfels als Bereich der Gestalt entdeckt. Ja, auch die Verbindung von Physischem und Psychischem ergibt, wie Ehrenfels zeigte, eine einheitliche übergreifende Gestalt. Und schliesslich erkannte Ehrenfels gleichfalls Gestaltsqualitäten.

Die Entdeckung des Gestalt - Erfassens zweifellos eine der grössten Errungenschaften der analytischen Psychologie ist von Ehrenfels schon 1890 auch in ihrer Bedeutung für die Aesthetik gewürdigt worden, indem er auf den innigen Zusammenhang von Gestalt und ästhetischem Eindruck hinwies. So heisst es in jener Abhandlung: « das Epos... beruht... zum grossen Teil auf Erweckung von Vorstellungen derartiger Gestaltqualitäten in der Seele des Lesers oder des Zuhörers », nämlich von konkreten anschaulichen Gestaltqualitäten, welche die Leser oder Zuhörer in Verbindung mit den nur andeutenden, abstrakten Wortvorstellungen und deren Gemütswirkung in der Phantasie nachschaffend hevorbringen» (2). Und dort wo die Gestalten im « Gebiet der inneren Wahrnehmung » erwähnt werden, heisst es: Gestaltqualitäten solcher Art (« das Zunehmen oder Verschwinden einer Lust, eines Schmerzes, einer Erwartung ») sind es offenbar, welche grossenteils den ästhetischen Wirkungen der dichterischen Erzeugnisse zur Grundlage dienen (3). Ferner weist Ehrenfels der Phantasie, die auf dem Gebiete der Empfindung nur Interpolationen zwischen schon vorhandenen

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Werten schaffen kann, in Bezug auf die Gestalten « ein schöpferisches Vermögen grössten Stils » zu. « Doch ist keineswegs anzunehmen, dass die Erfindung neuer Gestaltqualitäten ohne Widerstand, gleichsam spielend vor sich gehe. Im Gegenteil bedarf es auch hier nicht geringer Kraft, sich von dem Gewohnten zu emanzipieren und wahrhaft Neues, Eigenartiges hervorzubringen. Was wir künstlerischen Genie nennen, dürfte nicht zum kleinsten Teil in derartiger Schöpferkraft seinen Sitz haben (1). Endlich bespricht Ehrenfels den Umstand, dass das Gestalt - Erfassen mit dem Komplex von Inhalten, der die Grundlage bildet, «< ohne unser Zutun im Bewusstsein mitgegeben » (2) ist und dass wir diejenige Anstrengung, welche die Auffassung einer Gestalt, einer Melodie bei schon vorhandener Grundlage zu erfordern scheint, vielmehr auf die Ergänzung jener Grundlage selbst verwenden ». « Erst bei demjenigen, welcher diese Arbeit vollzogen hat, kann sich auch das ästhetische Gefallen einfinden ». « Hieraus... ergibt sich... ein sehr einfacher Erklärungsgrund für die Verschiedenheit des ästhetischen Urteils » (3). Demnach ist für Ehrenfels das Gestalt-Erfassen ein wesentliche, wenn auch nicht das einzig wesentliche Bestandstück des ästhetischen Erlebnisses.

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In Meinongs Grazer Schule, welche die Gestaltlehre logisch und psychologisch ausbaute, hat sich an dieser ästhetischen Auffassung der Gestalten nichts geändert: für Wit as ek sind die Gestalten eine Klasse der « ästhetischen Elementargegenstände » neben den einfachen Empfindungsgegenständen, normgemässen Gegenständen, dem Ausdrucks-und Stimmungsvollen und den Objektiven (4).

Meine, zuerst 1910 veröffentlichte Theorie sucht dagegen die Behauptung zu begründen, dass das Gestalt-Erfassen der ganze und grundwesentliche Kern des ästhetischen Erlebnisses ist und dass alles Aesthetische in der Gestalt und ihrer Gesetzlichkeit inbegriffen ist. Ich war 1907 durch Alois Höfler auf Ehrenfels Abhandlung verwiesen worden und habe damals in Höflers Seminar einen Vortrag über << Gestalt und Anschauung gehalten. Dann folgte 1910 in der << Philosophischen Gesellschaft an der Universität Wien» der Vortrag << Intui

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tion, ein Beitrag zur Psychologie des ästhetischen Erlebens» (1), ferner 1912 meine << Analytische Psychologie (2) und 1913 der Vortrag auf dem esten Aesthetik-Kongress in Berlin << Intuition als Kern des ästhetischen Erlebnisses » (3).

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Während Ehrenfels und die Grazer Schule in Erweiterung von Brentanos Vorstellungsbegriff das Gestalt-Erfassen ebenso wie das Beziehung-Erfassen und die Empfindung zur Vorstellung rechnete, suchte ich Beziehungs - und Gestalt - Erfassen als Forminhalte von den übrigen Stoff-Inhalten (Empfindung, Gefühl, Strebung, Imagination von Empfindungs-, Gefühl-, und Strebungsinhalten, Raum- und Zeitanschauung) zu unterscheiden. Stoff-Inhalte sind « positive, in sich selbst gehaltvolle Bewusstseinsgegebenheiten» (4), jeder dieser Inhalte hat für sich allein als solcher Bedeutung, ist sich selbst genug, wogegen kein Form-Inhalt (Beziehung oder Gestalt) für sich allein Sinn hat, sondern wesensgesetzlich auf etwas gerichtet sein muss, das in Beziehung steht oder gestaltet ist. Ehrenfels selbst hat in Bezug auf die Gestalten gesagt, sie beruhen auf Elementen », sie haben in den Elementen ihre Grundlage» und Meinong hat in gleichem Sinne von Fundierung gesprochen. Diese innere Inhaltsabhängigkeit von Beziehung und Gestalt berechtigt uns beide ebensowohl von den Empfindungsinhalten, als auch von den Gefühls-und Strebungsinhalten, u. s. f., die die Grundlage bilden können, als besondere Gruppe von Inhalten, eben als FormInhalte, zu unterscheiden.

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Zwischen beiden als Form-Inhalte zu bezeichnenden Erlebnisweisen, dem Beziehungs-und dem Gestalt - Erfassen, sind aber die allerbedeutsamsten Unterschiede erkennbar, die zu allen Zeiten dahin gedrängt haben, dem verstandesmässigen Denken, dem Beziehen, Vergleichen, Unterscheiden, Analysieren die geistige Anschauung der Totalität, die künstlerische Intuition, das Gestalt - Schauen gegenüber zu stellen (5).

(1) Wissenschaftl. Beilage zum 23 Jahresbericht, Leipzig, A. Barth.
(2) Leipzig, A. Barth, 10. Abschnitt: Urteil und Intuition.

(3) Kongress-Bericht, Stuttgart, F. Enke, 1914.

(4) Analyt. Psychologie, S. 147, 309. Marty spricht im gleichen Sinne von « absoluten Bestimmtheiten » im Gegensatz zu relativen (Untersuchungen zur all. Grammatik und Sprachphilosophie I, S. 1097).

(5) Vgl. die historischen Bemerkungen in der Analyt. Psychologie, S. 301 f.

Vor allem die Philosophie und Aesthetik des deutschen Idealismus hat die analytische Tätigkeit des Verstandes und ein höheres, anschauuendes geistiges Erfassen vortrefflich auseinandergehalten. In neuester Zeit ist dieser Begriffsgegensatz durch H. Bergsons Unterscheidung von Intellekt und Intuition in weitesten Kreisen bekannt geworden: der Intellekt erfasst nach Bergson Relationen, er analysiert, zerstückelt, quantifiziert, die Intuition dagegen erfasst Totalitäten, Ganzheiten. (In Bergsons Begriff der Intuition ist freilich neben dem Ganzheits-Erfassen der Gesamt-Anschauung noch der Begriff des Erlebens, der Erlebniswahrnehmung und einer das fremde Erleben original erfassenden Einfühlung mit enthalten (1).

Der Gegensatz von Beziehung und Gestalt kann vielleicht am besten durch folgende Kennzeichen charakterisiert werden: die Beziehung ist eine endliche, messbare Bestimmtheit (Gleichheit, Verschiedenheit, Grad der Verschiedenheit; Einheit, Vielheit, Zahl; Punkt-Gleichheit, Entfernung Streckengrösse u. s. f.). So ist die räumliche Beziehung das In-Verhältnissetzen zweier Punkte zu einander, worauf alle exakte Messung beruht. Die Raumgestalt, z. B. ein Kreis, dagegen ist der Inbegriff der Verhältnisse jedes Punktes zu jedem andern Punkt, mithin eine Unendlichkeit im Endlichen, und darum etwas ganz anderes als eine einzelne Beziehung (2).

(1) Vgl. auch Graf Kayserling, « das Wesen der Intuition und ihre Rolle in der Philosophie » (Logos III, 1), wo die Intuition als das « organisierende Prinzip » bestimmt wird, << das die psychologischen Gegebenheiten von innen her formt »>, als «< die ursprüngliche Fähigkeit, Zusammenhänge zu erfassen » (60/1).

(2) Versuche, die Gestalt durch Beziehungen zu definieren, sind verschiedentlich gemacht worden, so von A. Marty (Untersuchungen zur allg. Grammatik und Sprachphilosophie 1908 S. 109 f.), von C. Stumpf (Erscheinungen und psychische Funktionen. Abh. d. Berliner Akad. 1907, S. 28f), von O. Kraus, von A. Gelb (Theoretisches über Gestaltqualitäten, Zeitschr. f. Psychol. 58. (1911), S. 17; neuerdings hat sich Gelb der Wertheimerschen Gestalttheorie angeschlossen). Ehrenfels sagt hierzu; «Die Auffassung der Gestaltqualität als Summa aller Relationen zwischen den Elementen ihrer Grundlage ist so übel nicht und verträgt sich mit allen wesentlichen Konsequenzen der Gestalt-Theorie-we man nur des Gedanken nicht fahren lässt, dass jede Summe als solche doch wieder ein eigentümliches Ganzes darstellt. (Das Primzahlengesetz, S. 105, vgl. auch. S. 97.). Unser obiger Hinweis auf den Umstand, dass die Gestalt der Inbegriff aller Verhältnisse jedes Punktes zu jedem andern Punkt, mithin eine Unendlichkeit ist, besagt dass Gestalt und Beziehung wesensverschieden sind, denn Unendliches und Endliches sind aufs schärfste auseinander zu halten: eine ebene Fläche besteht aus einer unendlichen Zahl von geraden Linien und ist eben darum

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