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vermöge derselben seine ganze äußere Handlungsweise diesen Anschauungen gemäß gestalten; Alles thun, was ihm sein Gewissen gebietet, und Alles unterlassen, was ihm dasselbe untersagt. Diese Freiheit hat aber natürliche Grenzen, über die hinaus sie unmöglich ausgedehnt werden kann. Namentlich kann der Staat die Befolgung der Rechtsnormen nicht von der subjektiven Ansicht der Bürger über die bindende Kraft derselben abhängen lassen, noch gestatten, daß Einzelne die Erfüllung der ihnen obliegenden privatrechtlichen oder öffentlichrechtlichen Verbindlichkeiten wegen wirklicher oder angeblicher Gewissensskrupel unterlassen. Im Allgemeinen wird wohl Jedermann damit einverstanden sein, daß die staatliche und die Rechtsordnung für alle Bürger, welches auch immer ihre subjektiven Ueberzeugungen sein mögen, dieselbe sein muß, daß daher Jemand, welcher einer Anklage auf Ehebruch, Bigamie oder Inzest gegenüber auf die Glaubensfreiheit sich berufen wollte, nicht zu hören sei 24); doch kann bei einzelnen gesetzlichen Vorschriften es fraglich sein, ob sie ihrem innern Wesen nach als Rechtsnormen erscheinen und zur staatlichen Ordnung gehören, oder ob sie nicht vielmehr als Ausfluß eines religiösen Bekenntnisses sich darstellen und deßhalb die Verfassungsgarantie, nach welcher den Einzelnen keine Glaubenssäße, keine religiösen Gebräuche, keine gottesdienstlichen Handlungen und keine kirchlichen Einrichtungen aufgezwun= gen werden dürfen, verlegen.

In Amerika sind die Gerichte befugt, zu untersuchen, ob der Gesetzgeber in ungebührlicher Weise seine Macht über das Gebiet ausgedehnt habe, auf welchem dem Individuum durch die Verfassung Freiheit der Bewegung zugesichert ist, und im Falle der Bejahung dieser Frage das Gesez als nicht bestehend zu behandeln. Die dießfällige Aufgabe des Richters ist ebenso wichtig als schwierig. Sein Entscheid wird in der Regel davon

abhängen, ob ein Verhältniß seiner Natur nach geeignet und bestimmt ist, durch eine erzwingbare, alle Angehörigen des Staates gleichmäßig bindende Regel geordnet zu werden, oder ob die Gestaltung desselben der Willkühr der Einzelnen überlassen werden soll. Sobald der Richter findet, daß der Gesezgeber kompetent gewesen sei, eine bindende Regel aufzustellen, wird er sich enthalten müssen, zu untersuchen, ob der Inhalt dieser Regel (z. B. betreffend ein Ehehinderniß oder betreffend die Zulässigkeit und die Voraussetzungen der Ehescheidung u. drgl.) unter dem Einflusse religiöser Anschauungen zu Stande gekommen sei. Der Richter würde die ihm anvertraute Gewalt mißbrauchen, wenn er eine gesetzliche Vorschrift, welche eine wahre Rechtsnorm ist und einem Institute des öffentlichen oder des Privatrechts organisch sich anschließt, bloß deßhalb als verfassungswidrig und nichtig behandeln wollte, weil sie mit dem Christenthum im Einklang sich befinde, oder der protestantischen oder der katholischen Anschauung entspreche, oder unter dem Einflusse des alten Testamentes stehe u. s. f.

Dem mittelbaren Einflusse, welchen naturgemäß die reli,,giösen Ueberzeugungen auf den einzelnen Menschen, wie auf ,, ganze Völker ausüben, kann auch die Staatsgewalt sich nicht entziehen.... Die Macht der geschichtlichen Traditionen und ,,der religiösen Stimmungen im Volke übt auch auf die Ausprägung des weltlichen Rechts eine unabweisbare Einwirkung

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,, aus.“ (Bluntschli, Staatsleriton, Bd. V. 569).

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II. Die Eidespflicht.
§ 18.

Der Glaubensfreiheit auf der einen und dem staatlichen Bedürfnisse auf der andern Seite wird in allen Staaten in

ganz befriedigender Weise genügt, indem Personen, welche einer den Eid verwerfenden religiösen Verbindung angehören, zwar vom Eide dispensirt, dagegen aber zur Abgabe einer feierlichen Versicherung oder Verheißung, welche in ihren juristischen Wirkungen dem Eide gleich steht, angehalten werden. Die Formel lautet: Ich erkläre und versichere feierlich, ernstlich und der Wahrheit gemäß (I do solemnly, sincerely and ,, truly declare and affirm, that, etc.)." Dieses Auskunftsmittel ist denn auch schon in den Kolonien lange vor der Trennung von England den Quäfern gegenüber angewendet worden.

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Ein Gesez des Staates Pennsylvanien vom 31. Mai 1718 (§ 3), das jezt noch gilt, enthält folgende Vorschrift: „Da die meisten Einwohner dieser Provinz aus Gewissensgründen keinen Eid leisten können und doch ihre Mitwirkung zur Rechtspflege unentbehrlich ist, so soll es Richtern, Geschwornen und Zeugen freistehen, entweder einen körperlichen Eid zu leisten oder eine feierliche Versicherung in der durch Parlaments-Akt (8. Geo. 1, ch. 6) den Quäfern bewilligten Form abzugeben, welche Versicherung die gleiche Bedeutung wie ein Eid haben und, wenn sie fälschlich abgegeben worden ist, die Strafe des Meineids nach sich ziehen soll."

Wer kein Bedenken trägt, einen Eid zu schwören, kann und soll sich derjenigen Form bedienen, welche seinen religiösen Anschauungen entspricht und für ihn bindende Kraft hat.

Die Verfassung des Staates Kentucky vom Jahre 1799 schreibt vor, daß ein Eid oder eine feierliche Versicherung in derjenigen Form abgenommen werden solle, welche mit dem Gewissen des Deponenten am besten im Einklange stehe und von der gesetzgebenden Behörde als die feierlichste Berufung auf Gott betrachtet werde (as is most consistent with the conscience of the deponent and shall be esteemed by the

General Assembly the most solemn appeal to God). Aehn= lich die Verfassung von Arkansas vom Jahre 1868: Diejenige Form eines Eides oder einer Versicherung ist anzuwenden, welche dem Gewissen des Schwörenden oder Gelobenden am meisten zusagt und dasselbe am stärksten bindet (as shall be most consistent whith and binding upon the conscience).

III. Die Wehrpflicht.

§ 19.

Die Wehrpflicht ist ein ganz und gar politisches, die Sicherheit und Unabhängigkeit des Staates bezweckendes Institut. Die Garantie der Religionsfreiheit kann unmöglich so gedeutet werden, daß Männer, welche gegen das Tragen und den Gebrauch von Waffen religiöse Bedenken haben, von der Wehrpflicht befreit werden müssen. Es ist vielmehr eine weit über jene Garantie hinausgehende Konzession, wenn viele Staaten den Bürgern, welche einer den Krieg verdammenden Religionspartei angehören, gestatten, mittelst einer Geldleistung sich vom Militärdienst frei zu machen. Die Verfassung des Staates Pennsylvanien sagt: „Gegen Personen, die es mit ihrem Ge= wissen nicht vereinbaren können, Waffen zu tragen, soll kein Zwang geübt werden, sondern es soll denselben freistehen, einen Ersatz in Geld für den persönlichen Dienst zu leisten."

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Aehnliche Bestimmungen enthalten die Verfassungen von Neu-York, Alabama, Indiana, Illinois, Michigan, Texas, Jowa und Oregon.

Das Unions - Gesetz betreffend die Organisation der Miliz vom 8. Mai 1792 anerkennt in § 2 jede Befreiung vom Militärdienste, welche durch die Gesetzgebung der einzelnen Staaten angeordnet wird. Das Unions-Gesez vom 24. Februar

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1864 enthält in § 17 folgende Vorschrift: „Mitglieder einer ,, religiösen Denomination, welche schwören oder feierlich ver„sichern, daß sie das Tragen von Waffen mit ihrem Gewissen „nicht vereinbaren können und die nach den Glaubensvorschriften ,, und der Uebung der Denomination, welcher sie angehören, keine Waffen tragen dürfen, sind, wenn sie zum Militärdienst einberufen werden, als Nicht-Kombattanten zu behandeln, und „ der Kriegsminister soll sie als Krankenwärter oder auf einem Büreau verwenden oder sie zur Bezahlung einer Summe von ,, dreihundert Dollars zum Besten der Kranken und Verwundeten „anhalten; doch soll die Wohlthat dieser Vorschrift nur solchen Personen zu Statten kommen, deren ganzes Betragen von ,,jeher erweislich mit den von ihnen behaupteten Gewissensskrupeln sich im Einklange befunden hat.“

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besteht gegenwärtig nicht mehr in Kraft.)

(Dieses Geset

IV. Das Verbot der Polygamie.

$ 20.

Es ist hier der Ort, des Konflikts zwischen den im Territorium Utah die große Mehrheit der Bevölkerung bildenden Mormonen und den Behörden der Union zu gedenken.

In allen Staaten der Union ohne Ausnahme ist die Polygamie verboten, und es ist noch Niemandem eingefallen, dieses Verbot als eine Verlegung der Gewissensfreiheit zu bezeichnen. Dasselbe wurzelt tief im Rechtsbewußtsein des amerikanischen Volkes. Ueberall herrscht die Ueberzeugung vor, daß bei der Vielweiberei ein reines und schönes Familienleben unmöglich sei, daß von der würdigen Gestaltung der Familienverhältnisse das öffentliche Wohl abhange, daß die Duldung der Polygamie ein ebenso großer Schandfleck für das Land wäre wie früher das

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