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der Kopf dadurch wie mit einem zierlichen Haarkranz umflochten schien, und samt dem bloßen Nacken recht anmutig aus der braunen Kutte hervortrat. Hierauf folgten Kutten von anderen Farben, schwarz, weiß, gelb, panaché, auch herabgeschlagene dreieckige Hüte, kurz all jene Klosterkostüme, womit wir durch die Bemühungen unseres Generalintendanten längst bekannt sind. Nach den Mönchsorden kamen die eigentlichen Priester, weiße Hemde über schwarze Hosen, und farbige Käppchen, hinter ihnen kamen noch vornehmere Geistliche, in buntseidne Decken gewickelt, und auf dem Haupte eine Art hoher Mützen, die wahrscheinlich aus Egypten stammen, und die man auch aus dem Denonschen Werke, aus der Zauberflöte und aus dem Belzoni kennen lernt; es waren altgediente Gesichter, und sie schienen eine Art von alter Garde zu bedeuten. Zuletzt kam der eigentliche Stab, ein Thronhimmel und darunter ein alter Mann mit einer noch höheren Mütze, und in einer noch reicheren Decke, deren Zipfel von zwei eben so gekleideten alten Männern, nach Pagenart, getragen wurden.

Die vorderen Mönche gingen mit gekreuzten Armen, ernsthaft schweigend, aber die mit den hohen Mützen sangen einen gar unglücklichen Gesang, so näselnd, so schlürfend, so kollerend, daß ich überzeugt bin: wären die Juden die größere Volksmenge, und ihre Religion wäre die Staatsreligion, so würde man obiges Gesinge mit dem Namen »>Mauscheln « bezeichnen. Glücklicherweise konnte man es nur zur Hälfte vernehmen, indem hinter der Prozession, mit lautem Trommeln und Pfeifen, mehrere Kompanien Militär einherzogen, so wie überhaupt an beiden Seiten neben den wallenden Geistlichen, auch immer je zwei und zwei Grenadiere mar= schierten. Es waren fast mehr Soldaten als Geistliche;

aber zur Unterstützung der Religion gehören heut zu Tage viel Bajonette, und wenn gar der Segen gegeben wird, dann müssen in der Ferne auch die Kanonen be= deutungsvoll donnern.

Wenn ich eine solche Prozession sehe, wo unter stolzer Militär-Eskorte, die Geistlichen so gar trübselig und jammervoll einherwandeln, so ergreift es mich immer schmerzhaft, und es ist mir als sähe ich unseren Heiland selbst, umringt von Lanzenträgern, zur Richtstätte abführen. Die Sterne zu Lucca dachten gewiß wie ich, und als ich seufzend nach ihnen hinaufblickte, sahen sie mich so übereinstimmend an mit ihren frommen Augen, so hell, so klar. Aber man bedurfte nicht ihres Lichtes, tausend und abertausend Lampen und Kerzen und Mädchengesichter flimmerten aus allen Fenstern, an den Straßenecken standen lodernde Pechkränze aufgepflanzt, und dann hatte auch jeder Geistliche noch seinen besonderen Kerzenträger zur Seite. Die Kapuziner hatten meistens kleine Buben, die ihnen die Kerze trugen, und die jugendlich frischen Gesichtchen schauten bisweilen recht neugierig vergnügt hinauf nach den alten, ernsten Bärten, so ein armer Kapuziner kann keinen großen Kerzenträger besolden, und der Knabe, den er das Ave Maria lehrt, oder dessen Muhme ihm beichtet, muß bei Prozessionen wohl gratis dieses Amt übernehmen, und es wird darum gewiß nicht mit geringerer Liebe ver= richtet. Die folgenden Mönche hatten nicht viel größere Buben, einige vornehmere Orden hatten schon erwachsene Rangen, und die hochmütigen Priester hatten wirk= liche Bürgersleute zu Kerzenträgern. Aber endlich gar der Herr Erzbischof - denn das war wohl der Mann, der in vornehmer Demut unter dem Thronhimmel ging und sich die Gewandzipfel von greisen Pagen nach= tragen ließ dieser hatte an jeder Seite einen Lakaien,

die beide in blauen Livreen mit gelben Tressen prangten, und zeremoniös, als servierten sie bei Hof, die weißen Wachskerzen trugen.

Auf jeden Fall schien mir solche Kerzenträgerei eine gute Einrichtung, denn ich konnte dadurch um so heller die Gesichter besehen, die zum Katholizismus gehören. Und ich habe sie jetzt gesehen, und zwar in der besten Beleuchtung. Und was sah ich denn? Nun ja, der klerikale Stempel fehlte nirgends. Aber dieses abge= rechnet, waren die Gesichter unter einander eben so ver= schieden, wie andre Gesichter. Das eine war blaß, das andre rot, diese Nase erhob sich stolz, jene war niedergeschlagen, hier ein funkelnd schwarzes dort ein schimmernd graues Auge - aber in allen diesen Gesichtern lagen die Spuren derselben Krankheit, einer schrecklichen, unheilbaren Krankheit, die wahrscheinlich Ursache sein wird, daß mein Enkel, wenn er hundert Jahr später die Prozession in Lucca zu sehen bekommt, kein einziges von jenen Gesichtern wieder findet. Ich fürchte, ich bin selbst angesteckt von dieser Krankheit, und eine Folge derselben ist jene Weichheit, die mich wunderbar beschleicht, wenn ich so ein sieches Mönchsgesicht be= trachte, und darauf die Symptome jener Leiden sehe, die sich unter der groben Kutte verstecken: — gekränkte Liebe, Podagra, getäuschter Ehrgeiz, Rückendarre, Reue, Hämorrhoiden, die Herzwunden die uns vom Undank der Freunde, von der Verleumdung der Feinde, und von der eignen Sünde geschlagen worden, alles dieses und noch viel mehr, was eben so leicht unter einer groben Kutte wie unter einem feinen Modefrack seinen Platz zu finden weiß. O! es ist keine Übertreibung, wenn der Poet in seinem Schmerze ausruft: das Leben ist eine Krankheit, die ganze Welt ein Lazarett!

>> Und der Tod ist unser Arzt-« Ach! ich will nichts

Böses von ihm reden, und nicht andre in ihrem Vertrauen stören, denn da er der einzige Arzt ist, so mögen sie immerhin glauben er sei auch der beste, und das einzige Mittel, das er anwendet, seine ewige Erdkur, sei auch das beste. Wenigstens kann man von ihm rühmen, daß er immer gleich bei der Hand ist, und trotz seiner großen Praxis nie lange auf sich warten läßt, wenn man ihn verlangt. Manchmal folgt er seinen Patienten sogar zur Prozession, und trägt ihnen die Kerze. Es war gewiß der Tod selbst, den ich an der Seite eines blassen, bekümmerten Priesters gehen sah; in dünnen zitternden Knochenhänden trug er diesem die flimmernde Kerze, nickte dabei gar gutmütig besänftigend mit dem ängstlich kahlen Köpfchen, und so schwach er selbst auf den Beinen war, so unterstützte er doch noch zuweilen den armen Priester, der bei jedem Schritte noch bleicher wurde und umsinken wollte. Er schien ihm Mut einzusprechen: »Warte nur noch einige Stündchen, dann sind wir zu Hause, und ich lösche die Kerze aus, und ich lege dich aufs Bett, und die kalten, müden Beine können ausruhen, und du sollst so fest schlafen, daß du das wimmernde Sankt Michaelsglöckchen nicht hören wirst.<<

»Gegen den Mann will ich auch nicht schreiben«, dacht ich, als ich den armen, bleichen Priester sah, dem der leibhaftige Tod zu Bette leuchtete.

Ach! man sollte eigentlich gegen niemanden in dieser Welt schreiben. Jeder ist selbst krank genug in diesem großen Lazarett, und manche polemische Lektüre erinnert mich unwillkürlich an ein widerwärtiges Gezänk, in einem kleineren Lazarett zu Krakau, wobei ich mich als zufälliger Zuschauer befand, und wo entsetzlich anzuhören war, wie die Kranken sich einander ihre Ge= brechen spottend vorrechneten, wie ausgedörrte Schwind

süchtige den aufgeschwollenen Wassersüchtling verhöhn= ten, wie der eine lachte über den Nasenkrebs des andern, und dieser wieder über Maulsperre und Augenver= drehung seiner Nachbaren, bis am Ende die Fiebertollen nackt aus den Betten sprangen, und den andern Kranken die Decken und Laken von den wunden Leibern rissen, und nichts als scheußliches Elend und Verstümmlung zu sehen war.

Kapitel VI

Jener schenkte nunmehr auch der übrigen Götterver=

versammlung, Rechtshin, lieblichen Nektar dem Mischkrug emsig ent= schöpfend. Doch unermeßliches Lachen erscholl den seligen Göttern, Als sie sahn, wie Hephästos im Saal so gewandt um= herging. Also den ganzen Tag bis spät zur sinkenden Sonne Schmausten sie, und nicht mangelt' ihr Herz des gemein

samen Mahles,

Nicht des Saitengetöns von der lieblichen Leier Apol

lons,

Noch des Gesangs der Musen mit holdantwortender

Stimme.
(Vulgata)

Da plötzlich keuchte heran ein bleicher, bluttriefender Jude, mit einer Dornenkrone auf dem Haupte, und mit einem großen Holzkreuz auf der Schulter; und er warf das Kreuz auf den hohen Göttertisch, daß die goldnen Pokale zitterten, und die Götter verstummten und erblichen, und immer bleicher wurden, bis sie endlich ganz in Nebel zerrannen.

Nun gabs eine traurige Zeit, und die Welt wurde

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